Korrigierter Abdruck in heutiger Notation

  • Ziel: Wie der diplomatische Abdruck in normaler Typographie, aber mit Emendation offensichtlicher Fehler, mit weitgehender Anpassung an moderne
    Notationsgepflogenheiten und in jedem Fall in Partitur
  • Technik: Notenstich oder vergleichbares Verfahren
  • Quelle: ein Autograph oder eine andere reproduktionswürdige Vorlage
  • Methode:
    1. Quellenkritik
    2. Notationskunde
    3. Textkritik in Bezug auf korrigierte Lesarten
    4. Emendation
  • kritischer Apparat:
    1. Quellenbeschreibung und –bewertung
    2. Zweifelhafte Lesarten
    3. Autorkorrekturen
    4. Konjekturen des Herausgebers
    5. Änderungen der Notation

Der korrigierte Abdruck in heutiger Notation hält sich streng an eine Quelle und
korrigiert lediglich offensichtliche Fehler. In vielen Gesamtausgaben werden in dieser
Form beispielsweise Fragmente, die in Reinschrift überliefert sind, in Supplementbänden vorgelegt.
Die bis heute erscheinenden praktischen Ausgaben mit dem Siegel ‚Urtext‘ sind zum Teil
einfach korrigierte Abdrucke. Diese entstehen auf der Grundlage nur einer Quelle und
profitieren von der allgemeinen Annahme, dass ein einzelnes Autograph einer Komposition existiert.
Die Urtextausgaben entstanden als Gegenstück zur Interpretationsausgabe. Die Über-
frachtung mit Spiel- und Interpretationsanweisungen ließ diese Ausgaben nicht mehr
praktikabel sein und führte dazu, dass die Grenze zwischen der eigentlichen
Komposition und ihrer Interpretation verschwamm. Die Urtextausgabe zog diese
Grenze erneut, indem auf Herausgeberzusätze weitgehend verzichtet wurde.
Zum Teil werden auch kritische Ausgaben mit diesem Siegel versehen, die wiederum teils von Verlagsseite ediert, teils aber auch auf der Grundlage der historisch-kritischen Gesamtausgaben herausgegeben werden. Letztlich ist es also kaum möglich, ausgehend von dem Siegel ‚Urtext‘ Rückschlüsse auf die Editionsform oder -technik zu ziehen. Vielmehr spiegelt es den ‚guten Willen‘, einen möglichst authentischen Notentext anzubieten.
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Literatur:


Urtext – eine kleine Geschichte

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